Wie viel Vergangenheit darf’s im Coaching sein?

Sich mit der biografischen Vergangenheit des Klienten zu beschäftigen, gilt oft als Merkmal von Therapie. Coaching und andere Beratungsformate, so wird häufig unterschieden, würden sich auf die aktuelle Situation des Klienten konzentrieren. Das ist nur leider wenig hilfreich für nachhaltiges, wirksames Coaching.

Warum?

Unabhängig vom Anliegen, das Klienten einbringen, gilt es immer herauszufinden, in welcher Weise sie dafür (mit) sorgen, dass sie nicht stimmig auf die gegenwärtige Situation reagieren bzw. sich in ihrer Haut nicht so recht wohlfühlen können.

Denn könnten Klienten in der Gegenwart frei alle Prozesse entscheiden, würden sie in ihrem inneren Repertoire eine passende Antwort finden. Sei es durch ihr Handeln oder in ihrem inneren Erleben.

Ist dies – aus welchen Gründen auch immer – nicht der Fall, werden in der Gegenwart alte Handlungs- und Denkmuster aktiviert, die sich in der Vergangenheit gebildet und damals bewährt haben. Nur sind diese alten Muster heute nur noch selten hilfreich. Vielmehr beeinflussen, überlagern und/oder verzerren sie im gegenwärtigen Moment das Erleben. Und kommen einer angemessenen Lösung in die Quere.

Daher ist ein Blick in die Vergangenheit immer dann wichtig, wenn sie die Gegenwart bestimmt und dadurch eben nicht vergangen ist.

Nur haben viele Coaches nicht gelernt, die Muster aus der Vergangenheit als solche zu erkennen und „zu lesen“. Und so kann es schnell passieren, dass einen die Intensität und Komplexität von Geschichten aus der Vergangenheit schier überrollt.

Auf Fragen wie …

  • Was aus der Vergangenheit ist im Hinblick auf das Anliegen des Klienten jetzt von Bedeutung, was nicht?
  • Welcher Aspekt der persönlichen Geschichte braucht Aufmerksamkeit, Reflektion und Integration? Und wie?
  • Wie passiert es überhaupt, dass die Vergangenheit genau hier so sehr die Gegenwart beeinflusst?

… liefert die Weiterbildung zum tribe-Coach, basierend auf NARM, dem Neuroaffektive Relationale Modell von Dr. Laurence Heller, eine unvergleichlich präzise Landkarte und hilft Coaches im scheinbaren Wirrwarr von Informationen den roten Faden nicht zu verlieren.

Wie?

So vielschichtig und komplex menschliches Verhalten auf den ersten Blick erscheinen mag, so sehr ist es von immer gleichen neuro-affektiven Zyklen und Muster geprägt. Denn so einmalig wie wir uns gerne sehen, sind wir im Grunde nicht.

Auch wenn die eigene Geschichte immer einmalig und unvergleichlich ist, sind die uns als Mensch zur Verfügung stehenden Optionen mit Herausforderungen umzugehen, begrenzt. Und das liegt an unserem Säugetiergehirn und der Tatsache, dass wir Nesthocker sind.

Als Nesthocker hängt unser Überleben von unserer Ver-Bindung zu unserer Umgebung ab. Und wie dieses Wechselspiel stattgefunden hat, prägt unsere Handlungs- und Denkmuster nachhaltig.  

  • Hatte die uns allen angeborene Neugier einen sicheren Raum in dem wir (uns) ausprobieren konnten und durften?
  • Wurden wir dabei unterstützt? Und wenn ja, wie? Entspannt oder fordernd? Wertschätzend oder kritisch?
  • Wie viel Raum hatten unsere Bedürfnisse?
  • Wurden wir als Individuum wahrgenommen und gehört?

Dies sind nur einige Aspekte aus der Vergangenheit, die uns auch heute noch die Gegenwart ganz schon vermiesen können.

Wie macht die Vergangenheit das?

Bremst man z. B. die Kreativität eines Kindes jäh aus, muss das Kind mit den inneren widersprüchlichen Energien und Zuständen klarkommen. Aus Spaß am eigenen Tun wird Frust, aus Bewegungsdrang wird Starre, aus Spaß kann sogar Angst werden. Diese Umschwünge stressen ja schon ein ausgewachsenes Gehirn. Im kindlichen Gehirn potenzieren sie sich bis hin zur Überforderung.

Was das System – verstärkt durch Wiederholung – lernt: Kreativität ist nicht gut … fühlt sich nicht gut an … bringt nur Ärger …

Fordert man im Teammeeting Jahre später von dem nun Erwachsenen einen kreativen Input, aktiviert sich meist unbewusst das emotionale Erfahrungsgedächtnis. Und wie das passiert, ist bei uns allen gleich. Wir halten die Luft an, spannen die Muskeln an, werden unruhig, ziehen uns zurück, erklären lautstark, wie dämlich das gerade stattfindende ist etc.

Die gute Nachricht

Wir müssen uns als Coaches nicht auf die Suche nach dem einen auslösenden Event in der Vergangenheit machen um dem emotionalen Erfahrungsgedächtnis ein Update zu geben.

Wenn Coaches die Sprache des Nervensystems und des Dreieinigen Gehirns erkennen und verstehen, erkennen und verstehen sie das aktuelle Problem in einer neuen Dimension.

Denn auch wenn es eine Sprache ohne Worte ist, enthält sie eine Vielzahl an für den Coaching-Prozess wichtigen Informationen über das Gegenüber. Und Coaches, die diese Informationen lesen, verstehen und nutzen können, werden präziser und effektiver in ihren Interventionen.

Veränderungen in der Atmung, kleine Bewegungen im Körper, Muskelan- oder entspannungen, Augenbewegungen … all diese unwillentlich gesteuerten Äußerungen des Klienten/der Klientin sind irgendwann in der Vergangenheit aus irgendeinem Grund entstanden. Heute sind sie Eingangstüren zu Möglichkeiten tiefer Potentialentfaltung.

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