Während ich den Podcast vorbereite, sitze ich vor unserem Camper im Norden von Gran Canaria, unserem Winter-Zuhause, und schaue aufs Meer. Während ich noch so überlege, welches der vielen möglichen Themen ich wähle, beobachte ich die Surfer, die nur ein paar Meter entfernt von mir im Wasser treiben. Und muss grinsen, denn das Leben hat mir gerade das perfekte Thema für den nächsten Podcast geliefert.
Denn wo ich den Surfern hier so zuschaue, fällt mir auf: sie alle warten auf eine große, kraftvolle Welle. Und was machen wir normalerweise im Leben? Wir suchen das ruhige Wasser, suchen den Flow und würden – wenn das Leben uns fragen würde – auf die großen, kraftvollen Wellen des Lebens gerne verzichten.
Nur fragt uns das Leben nicht, sondern fällt vielmehr lachend vom Stuhl, wenn wir mal wieder meinen, wir könnten unter einer Welle durchtauchen … seitlich ausweichen … oder gar nicht erst ins Wasser gehen.
Die Surfer, die ich hier beobachten darf, machen genau das Gegenteil. Und das schon bevor sie überhaupt im Wasser sind. Die Hektik, ja fast schon Gier mit der sie die Wellen bereits fest im Blick haben noch während sie sich ihre Neoprens anziehen, hat etwas magisches. Allein DAS zu beobachten ist bereits fesselnd. Und begeistert mich.
Zielstrebigkeit, Begeisterung, Leidenschaft, Geduld, Ruhe, Demut, Hingabe, Kraft, Meisterschaft, Gemeinschaft … all diese Begriffe purzeln durch meinen Kopf, wenn ich ihnen zuschaue.
Und in mir kommt Traurigkeit auf, denn indem wir Menschen versuchen, den Wellen des Lebens zu entgehen … sie zu vermeiden … berauben wir uns selbst all dieser wundervollen Begriffe. Indem wir uns zurückziehen, indem wir – manchmal – zu schnell aufgeben, wenn uns so eine Lebenswelle erreicht, erleben wir nicht die gesamte Kraft … schöpfen wir nicht das gesamte Potential der Welle.
Aber warum tun wir das? Warum geben wir uns nicht, getragen von Urvertrauen, den Wellen des Lebens hin und reiten sie? Um diese Fragen geht es in diesem Podcast.
Komplexität
Denn das, was ich hier beobachten darf, ist an Komplexität kaum zu überbieten. Wie viele unterschiedliche Faktoren hier in nur einem Moment zusammenkommen müssen, damit dieser eine Ritt gut, ja vielleicht sogar perfekt wird, ist einfach faszinierend.
Und das Wichtigste – wie auch im Leben – ist üben … üben … üben. Das Verhältnis zwischen auf dem Brett stehen und surfen … und auf dem Brett sitzen oder liegen und warten, fällt deutlich zu Ungunsten des Surfens aus. Und doch sind die Surfer stundenlang im Wasser. Gemeinsam. Nebeneinander. Und doch jede und jeder für sich. Um ein paar Sekunden eine Welle zu reiten.
Je länger ihnen zuschaue, um so mehr berührt mich das Bild und um so mehr Parallelen mit dem alltäglichen Leben entdecke ich in diesem Bild.
Und grad kommt mir die Idee, hier auch wieder eine kleine Serie draus zu machen. Schaun wir mal, wie viele Teile es diesmal werden.
Anfangen mag ich meine kleine Serie mit den Begriffen:
Begeisterung, Leidenschaft und Meisterschaft.
Denn einige der Surfer, die ich hier beobachte, beherrschen ihr Brett wahrlich meisterlich.
10.000 Stunden-Regel
Immer wenn das Thema Meisterschaft auftaucht, taucht die 10.000 Stunden-Regel mit auf. Wer etwas meisterlich beherrschen will, muss bereit sein, hierfür mindestens 10.000 Stunden Lebenszeit zu investieren. Und nicht jede der 10.000 Stunden davon wird Spaß machen. Das Gro der Stunden wird durch Rückschläge und Wiederholungen geprägt sein, es wird zäh, es wird mühsam sein. Daher erreichen ja auch die wenigsten die Stufe der Meisterschaft. Denn um sich durch die diversen Täler zu kämpfen und immer wieder weiterzumachen, braucht es Begeisterung und Leidenschaft. Ohne Herzblut geht es einfach nicht. Ohne Herzblut wird man keine Meisterin oder Meister.
Was hat nun all das mit Trauma zu tun?
Auch wieder jede Menge, wenn man bereit ist genauer hinzuschauen und wenn man bereit ist, scheinbar normales zu hinterfragen. Und wenn man bereit ist, sich nicht hinter Ausreden zu verstecken.
Die Grundvoraussetzung, um sich von Herzen für etwas begeistern zu können und leidenschaftlich und voller Selbstvertrauen ein Ziel langfristig zu verfolgen, ist ein resilientes, ausgereiftes Nervensystem. Ein Nervensystem, das Raum hat für die Expansion der Begeisterung, das die Spannung halten kann, das mit Misserfolgen umgehen kann, das dabei nicht überreizt oder gar überlastet wird, das den Zustand der sogenannten „explorativen Orientierung“ mühelos halten kann und sich darin wohl fühlen kann.
Ein Nervensystem, dass – aus welchen Gründen auch immer – Traumaspuren in sich trägt, kann all das nicht. Oder zumindest nur in beschränktem Maße.
Defensive Orientierung
Denn ein von Trauma überwältigtes Nervensystem, das die Traumaladung noch nicht wieder entlassen konnte, steckt in der sogenannten „defensiven Orientierung“, also dem Gegenteil der „explorativen Orientierung“, fest. Und das kostet unseren gesamten Körper vor allem eines: Kraft. Jede Menge Kraft und Energie. Und macht uns eng und zweifelnd.
Der Resilienzbereich, also der Bereich, in dem ein Nervensystem auf Reize reagieren kann, ist beeinträchtigt und das bedeutet, dass man dann schon mit der Bewältigung des Alltags mehr als genug zu tun hat. Da bleibt kaum Kraft oder Spielraum für Leidenschaft oder Begeisterung. Geschweige denn für einen guten Umgang mit von einem Hobby ausgehenden Rückschlägen und Frust.
Tun wir es dann trotzdem geht das meistens nur mit Druck. Viel Druck. … Dann wird der innere Schweinehund niedergekämpft um ihn zu besiegen … dann beißen wir die Zähne zusammen und ziehen es durch … dann zwingen wir uns … und gehen zwar ins Training, nur will sich kein gutes Gefühl, kein Glücksgefühl einstellen. Weder davor noch dabei und auch nicht danach. Dann haben wir davor, dabei und danach schlechte Laune, verbunden mit dem Gefühl gegen uns selbst zu arbeiten.
Und alle leiden drunter. Nicht nur man selbst, sondern auch die Umgebung.
Wenn die Schuld im Außen gesucht wird
Hier kann eine weitere ungute Spirale losgehen: denn da man ja eigentlich will … da es ja eigentlich – zumindest ab und zu – Spaß macht … da es einem wichtig ist … sucht man die Gründe für das ungute Gefühl im Außen, in der Umgebung. Und übersieht dabei, dass es das eigene Nervensystem ist, dass einem die Kraft und den Spaß raubt. Dann kann man nicht sehen, dass der Partner oder die Partnerin nicht der Grund für die üble Laune ist, sondern sich nur gegen die eigene üble Laune wehrt.
Vielleicht ahnt man, dass der Feind nicht im Außen, sondern in Wahrheit im Innen sitzt. Nur haben wir weder eine Idee wie wir das ändern könnten noch Lust uns auf diesen Weg zu machen. Denn irgendetwas in uns sagt uns, dass das nicht mal kurz nebenbei zu erledigen ist. Und für mehr haben wir keine Energie und sehen meist auch weder die Notwendigkeit noch den Nutzen.
Da geht es deutlich schneller die eigene üble Laune am Gegenüber auszuagieren und hier Druck abzulassen. Langfristig ist das zwar keine Lösung, ganz im Gegenteil, denn diese Vorgehensweise macht es langfristig nur noch schlimmer, aber für den Moment ist ein bisschen Druck aus dem Kessel.
Energievampire im Körper
Was viele nicht wissen – und das will ich mit meinen Podcast anfangen zu ändern:
Es gibt kaum einen vergleichbaren Energievampir im Körper wie unerlöstes Trauma. Und hierunter leidet der gesamte Körper. Die ACE-Studie und viele sich an sie anschließende Studien haben bewiesen, dass unerlöstes Trauma nicht nur Lebenszeit sondern vor allem Lebensqualität kostet.
Denn auch die Seele leidet. Die würde sich gerne einer Leidenschaft widmen … die wäre gerne mehr in der explorativen Orientierung unterwegs … nur steckt sie in einem Körper, der in der defensiven Orientierung steckt und eh schon am Limit ist. Und hier beginnt dann ein weiterer Teufelskreis, meistens schleichend, manchmal aber auch ausgelöst durch eine Krise im Außen.
Wenn die Seele sich nicht entfalten kann … wenn die Welt gefühlt nur noch aus Limitierungen und Begrenzungen besteht – seien es Begrenzungen des eigenes Körpers oder Begrenzungen in der Außenwelt – steigt der Frust. Und der Druck. Und damit die Unzufriedenheit. Und das macht krank.
Nimm dir gerade einen Moment Zeit …
und spür mal in dich rein. Kennst du das, was ich hier beschreibe aus deinem eigenen Leben?
Kennst du die Spirale aus eigentlich Lust auf und Freude an etwas zu haben und uneigentlich keine Kraft, keine Energie, keine Kapazität dafür zu haben?
Kennst du das Gefühl, z. B. vom Strand aus auf Surfer zu schauen und sie darum zu beneiden, wie viel Zeit und Energie sie in ihre Leidenschaft investieren? Oder sie allein schon dafür zu beneiden, dass sie in ihrem Leben etwas gefunden haben, wofür sie Zeit und Energie aufbringen wollen?
Wenn ja, macht es Sinn hier ein bisschen zu forschen und das nicht schulterzuckend als normal abzutun oder unter Gründen zu begraben.
Ja, vielleicht hast du eine Familie … Kinder … Eltern, um die du dich kümmern musst. Vielleicht hast du einen zeitintensiven, anstrengenden Job. … Ja, vielleicht oder höchstwahrscheinlich hast du in deinem Leben viele Verpflichtungen. … Also viele gute und wichtige Gründe, warum du dich nicht auf den Weg der Meisterschaft in einem dir am Herzen liegenden Bereich machen kannst.
Was aber, wenn die Ursache ganz woanders liegt?
Was, wenn in deinem Leben gemachte Erfahrungen und die Schlüsse, die daraus für und über dich gezogen hast, deinem inneren Feuer mehr und mehr die Kraft geraubt haben?
Und was, wenn ich dir jetzt sage, dass man dieses Feuer wieder entfachen kann? Auch ohne dafür zum Aussteiger und Hippie zu werden und alle Zelte abbrechen und auswandern zu müssen?
Ja, das geht.
Es gibt einen Weg, sein Herzblut wiederzuentdecken … die Begeisterung und Leidenschaft für eine Thema aufzubringen … und es hier – wenn man denn will – zu wahrer Meisterschaft zu bringen … auch wenn ansonsten viel los ist.
Es gibt einen Weg, den Resilienzbereich des eigenen Nervensystems nachhaltig wieder zu erweitern und so wieder Raum in sich für Begeisterung und Leidenschaft zu schaffen. Und das ohne Druck und ohne das Gefühl, dabei gegen sich selbst zu arbeiten.
Der Weg heißt:
Neuroaffektive Selbsterforschung.
Sich selbst durch NARM-basierte Gespräche mehr und mehr auf die Schliche zu kommen und das eigene Nervensystem auf diesem Wege von altem Stress zu befreien, schafft Raum und Kapazität für authentische Begeisterung und Leidenschaft.
Was meine ich damit?
Das Neuroaffektive Relationale Modell von Dr. Laurence Heller, kurz NARM genannt, hilft, nachhaltig alte Energievampire aus unserem Körper zu entlassen.
Dann wenden wir uns nicht länger sofort ab, wenn wir z. B. Surfer sehen und müssen eine leise aufflammende Faszination auch nicht unter so Sätzen wie: „Haben die nix anderes zu tun?“ oder „Was für eine Zeitverschwendung.“ im Keim ersticken. Dann können wir am Strand stehen und zuschauen. Wertfrei, neugierig und offen uns berühren zu lassen.
Dann geben wir nicht allein schon beim Gedanken daran, z. B. auch surfen lernen zu wollen, auf. Dann können wir am Strand stehen … uns mehr und mehr von der Leidenschaft und Begeisterung der Surfer im Wasser anstecken lassen … und uns auf den Weg machen es selbst mal auszuprobieren. Um dann vielleicht zu entdecken, dass es komplett unser Ding ist. Um dann vielleicht zu entdecken, dass wir hier Meisterschaft erreichen wollen.
Oder um nach einer Weile, festzustellen, dass es doch nicht unser Ding ist … das es uns dann doch nicht so packt, dass wir uns hier auf den Weg der Meisterschaft machen wollen.
Aber eben erst NACH dem Ausprobieren. Und nicht schon vorher.
All das ohne die blöde Stimme im Kopf
Und all das ohne die blöde Stimme im Kopf, die uns schon vor dem ersten Schritt einreden will, dass wir eh zu alt … zu dick … zu unsportlich sind … dass wir eh keine Zeit oder kein Geld für so was haben … oder was auch immer die Stimme einem so alles einredet um uns zu stoppen.
Dann können wir uns auf den Weg machen, herauszufinden, was uns begeistert und was wir leidenschaftlich gerne tun. Dann ist es leicht hierfür Zeit aufzubringen … ohne Druck … ohne schlechtes Gewissen.
Haben wir alte Energievampire aus unserem Körper entlassen sind wir innerlich frei unserem Herzblut zu folgen und es hier – wenn wir es wirklich wollen – zu wahrer Meisterschaft zu bringen.
Um dann vielleicht andere so zu begeistern und zu inspirieren, wie mich diese mir völlig unbekannten Surfer begeistert und zu diesem Podcast inspiriert haben.
Denn wenn wir unserer Leidenschaft und Begeisterung folgen, müssen wir es anderen nicht mehr nachmachen und versuchen, besser als die anderen zu werden. Dann machen wir es so, wie es für uns stimmig ist. Und dann inspirieren wir andere.
Inspiration für andere
Ich werde in diesem Leben ganz sicher nicht mehr mit dem Surfen anfangen, aber ich kann hier sitzen, die Surfer beobachten und meine durch meinen eigenen NARM-Weg erlangte Kapazität zu Freude und Begeisterung durch meinen Podcast weitergeben. Ich kann den gleichen Impuls nutzen wie die Surfer, die ich beobachte … nur eben nicht zum surfen, sondern um einen Podcast zu erstellen.
Und vielleicht dich dadurch inspirieren, durch NARM-basierte Gespräch in deinem Nervensystem Kapazität für die Suche nach deinem Herzblutthema zu schaffen.
In welchem Bereich auch immer. Denn wir müssen nicht alle Surfer auf Gran Canaria werden. Jede und jeder von uns trägt eine Gabe in sich, die sie oder ihn einzigartig macht.
In Teil 2 dieser kleinen Reihe nutze ich das Bild der Welle und erkläre aus neuroaffektiver Sicht, wie wir lernen können, in die Wellen des Lebens einzutauchen und wie wir lernen können ihre Kraft zu nutzen, anstelle zu versuchen ihnen auszuweichen. Denn damit versuchen wir dem Leben an sich auszuweichen. Und das ist neben sinnlos vor allem eines: schade.