Klingt einfach? Ist es aber nicht. Außer man hält sich an ein paar einfache Regeln.
Eine der größten Herausforderung im Zwischenmenschlichen ist die Kommunikation. Dem/der einen wird zu wenig geredet, dem/der anderen zu viel. Oder zu verkopft. Oder zu emotional. Man redet aneinander vorbei oder hat das Gefühl, auf taube Ohren zu treffen. Und gehört und verstanden fühlen sich die wenigsten. Männlein wie Weiblein im gleichen Maße.
Ein sehr effektives Gesprächsformat wenn es z. B. um die Annäherung an ein schwieriges Thema geht, kann hier wahre Wunder bewirken:
- 3 x 10 Minuten
- aufgeteilt in jeder 10 Minuten Monolog und danach 10 Minuten Austausch
Ja, du hast richtig gelesen: Monolog, also 10 Minuten völlig ungestörte Redezeit der/die eine, dann 10 Minuten völlig ungestörte Redezeit der/die andere. Mit Stoppuhr.
Und so geht’s
Legt zunächst das Thema fest. Das kann je nach Kontext eher allgemein gehalten (Was für Ideen kommen dir in Bezug auf Thema/Projekt XY?) oder spezifisch sein.
Während der/die eine redet, schweigt der/die andere. Und zwar in jeder Hinsicht: Kein Augenrollen oder Augen-zusammen-kneifen, keine hochgezogene Augenbraue, kein Luft-durch-die-Zähne-atmen, kein Auf-dem-Stuhl-rumrutschen … Nichts. Ruhig sitzen und aktiv zuhören.
Aktiv Zuhören
Aktiv zuhören bedeutet, dass du achtsam beobachtest welche eigenen Gedanken, Emotionen und Empfindungen du beim Zuhören hast. Während du dabei gleichzeitig für den anderen als Gegenüber präsent bist.
Nach genau 10 Minuten wird der Sprecher zum Zuhörer und schweigt nun selber, während er oder sie nun ebenfalls freundlichen Augenkontakt hält.
Nach beiden Monologen folgt 10 Minuten Austausch.
Eine wichtige Regel
Und auch hier gilt eine ganz wichtige Regel: Der Austausch dient dazu dem Gegenüber zu erzählen, wie es einem in den 2 x 10 Minuten ging, also welche Gedanken, Emotionen und Empfindungen man hatte während man selber gesprochen und während man zugehört hat, was nun klarer ist.
Hier ein paar Beispiele:
- „Als du von xy gesprochen hast, ist mir erst so richtig bewusst geworden, wie komplex das Thema ist und das wir hier einen anderen Zugang brauchen.“
Wichtig dabei: Bleib bei deiner Wahrnehmung, also sprich in der Ich-Form. Was war gut, tat gut? Wo war es für dich schwierig?
Tabu ist es Gesagtes zu bewerten, in Frage zu stellen, ironisch zu kommentieren oder den anderen gar anzugreifen.
Der Charme von 10 Minuten ungestörter Redezeit
Nur wenige von uns haben es wirklich gelernt zuzuhören.
Jüngste Forschungsergebnisse belegen sogar, dass der Mensch im Durchschnitt nur 17 Sekunden (!) zuhört, bevor er unterbricht und seine eigenen Vorstellungen vorträgt.
Gerade im Alltag haben wir im Austausch mit einem Gegenüber so gut wie nie die Möglichkeit, einen Gedanken ungestört zu Ende zu denken oder im Kontakt eine Befindlichkeit im eigenen Tempo zu erkunden. Denn ist der andere ein höflicher Mensch, fragt, kommentiert oder teilt er oder sie eigenes Erleben. Selbst wenn das in bester Absicht geschieht, unterbricht das, lenkt um oder verschiebt den Schwerpunkt.
10 Minuten ungestörte Redezeit hingegen schaffen einen Raum in dem sich in unserem Kopf etwas entwickeln, etwas entstehen kann. Ein Raum, in dem man sich wahrgenommen, gesehen und gehört fühlt.
Kleiner Tipp zum Schluss
Auch wenn dir 10 Minuten Monolog vielleicht lang erscheinen, du zwischendurch das Gefühl bekommst, nichts mehr zu sagen zu haben oder die Stille deines Gegenübers dich verunsichert, ich verspreche dir: Du wirst diese Monologe schon bald lieben. Lass dich überraschen, was du von deinem Gegenüber alles erfahren wirst.
Und schöpf deine 10 Minuten vollständig aus. Das sind deine 10 Minuten. Also nach 3 Minuten sagen “Ich weiß nichts mehr. Du bist dran.” gilt nicht. Dann schweig halt 7 Minuten, aber gib den Talking Stick nicht weiter.